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Kommunale Partner bauen Hamburger Klärschlamm-Verbrennungsanlage aus

Aufgrund strengerer gesetzlicher Regelungen für besseren Gewässerschutz drohen im Norden Verbrennungskapazitäten für Klärschlamm knapp zu werden.

Abhilfe schafft HAMBURG WASSER in Kooperation mit dem Abwasserzweckverband (AZV) Südholstein und den Entsorgungsbetrieben Lübeck (EBL). Gemeinsam erweitern die kommunalen Partner die Verbrennungsanlage VERA auf dem Klärwerk im Hamburger Hafen. Die Gründungsarbeiten für den Anbau sind in vollem Gange, 2025 soll er in Betrieb gehen. Mit der Anlagenerweiterung wird auch die Energieproduktion aus Klärschlamm um rund 50 Prozent gesteigert.

 

Erweiterungsbau Klärschlammverbrennungsanlage Vera - (v.l.n.r.) Hamburg Wasser-Geschäftsführer Ingo Hannemann, AZV-Verbandsvorsteherin Christine Mesek undGeschäftsführender Direktor der Entsorgungsbetriebe Lübeck, Dr. Jan-Dirk Verwey

Die Verwertungsanlage für Rückstände aus der Abwasserbehandlung (VERA) auf dem Hamburger Klärwerk läuft seit 25 Jahren ununterbrochen im Drei-Linien-Betrieb und verbrennt jährlich rund 63.000 Tonnen Trockenmasse Klärschlamm. Nun kommt eine vierte Verbrennungslinie hinzu, um die umweltgerechte Entsorgung steigender Klärschlammmengen im Ballungsraum Hamburg auch zukünftig zu gewährleisten. Mit der Erweiterung erhöht sich der jährliche Durchsatz der Anlage auf rund 76.000 Tonnen Trockenmasse und birgt weiteres Ausbaupotenzial auf 97.000 Tonnen pro Jahr. Im Zuge der Erweiterung der Klärschlammverbrennungsanlage sind eine zusätzliche Trocknungsanlage und drei Nassschlammsilos mit jeweils 1.300 Kubikmeter Fassungsvermögen geplant.

Kommunale Partnerschaft sichert Entsorgung und effizienten Anlagenbetrieb
Ab 2029 wird das Ausbringen von Klärschlamm als Dünger auf landwirtschaftliche Flächen weitestgehend gesetzlich verboten sein. Im Abwasser und damit auch im Klärschlamm findet sich eine Reihe von Schadstoffen wie Medikamentenresten oder Mikroplastik. Landwirtschaftliche Klärschlammentsorgung stellt daher eine erhebliche Belastung für die Umwelt, insbesondere für Böden und Gewässer dar.

Um die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen umzusetzen, stehen deutschlandweit viele Entsorger vor der Herausforderung, neue Wege für eine umweltgerechte Klärschlammentsorgung zu finden.
Bereits 2019 haben HAMBURG WASSER, der AZV Südholstein und die Entsorgungsbetriebe Lübeck für die Erweiterung der VERA eine interkommunale Kooperation geschlossen. Damit sichern sich die beiden Partner aus Schleswig-Holstein frühzeitig eine zuverlässige und fachgerechte Entsorgung der anfallenden Klärschlammmengen, die den strengen gesetzlichen Regelungen entspricht. HAMBURG WASSER kann hingegen mit garantierten Klärschlammmengen für den Betrieb der Verbrennungsanlage rechnen.

Michael Pollmann, Staatsrat Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft: „Klärschlamm als landwirtschaftlicher Dünger ist ein Auslaufmodell – zu Recht, denn neben den erwünschten Elementen wie Phosphor enthält er zahlreiche Schadstoffe, deren Risiken für die Umwelt und Gesundheit nur schwer einzuschätzen sind. Phosphor ist aber zugleich ein kritischer Rohstoff, der vielfach Verwendung findet und den es deswegen dringend zu recyceln gilt. Um die weiterhin anfallenden großen Mengen von Klärschlamm fachgerecht und umweltschonend zu entsorgen, erweitern wir in Hamburg mit unseren kommunalen Partnern unsere Kapazitäten. Die künftig größte Klärschlammverbrennungsanlage Deutschlands steht damit für langfristige Entsorgungssicherheit und einen nachhaltigen Umgang mit wertvollen Ressourcen – mit unserer Umwelt, dem Phosphor, aber auch mit Energie. Denn nicht zuletzt wird die größere Anlage auch mehr Strom und Wärme erzeugen und so zur Energieunabhängigkeit beitragen.“

Ingo Hannemann, Geschäftsführer HAMBURG WASSER: „Durch die Novellierung der Klärschlamm- und Düngegesetzgebung verliert die landwirtschaftliche Verwertung kommunaler Klärschlämme an Bedeutung. Dadurch steigt der Bedarf an Verbrennungskapazitäten deutschlandweit enorm an. In Hamburg haben wir schon früh auf die thermische Verwertung als umweltschonende Entsorgungsmethode gesetzt. Durch die Erweiterung der VERA zusammen mit unseren Partnern schaffen wir nun die Grundlage für eine weiterhin langfristige Entsorgungssicherheit in unseren jeweiligen Städten und Gemeinden.“

Christine Mesek, Verbandsvorsteherin AZV Südholstein: „Der AZV Südholstein arbeitet schon seit vielen Jahren eng mit der Hamburger Stadtentwässerung zusammen, unter anderem, weil wir die Abwasserreinigung für einige Stadtteile im Hamburger Westen durchführen. Diese Kooperation wird durch VERA 2 nochmals intensiviert. Die Anlage ist in mehrfacher Hinsicht vorteilhaft. Sie erhöht die Entsorgungssicherheit für unseren Klärschlamm und die moderne thermische Verwertung des Schlamms leistet einen wichtigen Beitrag zur Energiegewinnung ohne fossile Energieträger.“

Dr. Jan-Dirk Verwey, Geschäftsführender Direktor Entsorgungsbetriebe Lübeck: „In der Hansestadt Lübeck mit ihren 220.000 Einwohnern fallen im Jahr etwa 25.000 Tonnen Klärschlamm mit einem Trockensubstanzgehalt von 19 bis 25 % an, der zukünftig in der VERA entsorgt wird. Die EBL sind mit Aufgaben der Daseinsvorsorge betraut und können mit dieser Partnerschaft Entsorgungssicherheit und Ressourcenschutz in diesen unruhigen Zeiten sicherstellen. Die Kooperation fußt auf dem Prinzip der gemeinsamen Aufgabenerledigung und mit dem Einbringen der jeweiligen Stärken. Für die bisherige sehr konstruktive Zusammenarbeit danke ich den Kooperationspartnern ausdrücklich."

Abfallprodukt Klärschlamm als wertvolle Energieressource
Bei der Abwasserreinigung auf dem Hamburger Klärwerk fallen jährlich rund 1,5 Millionen Kubikmeter Klärschlamm an, der entwässert, ausgefault, getrocknet und anschließend verbrannt wird. Klärschlamm ist aber mitnichten einzig ein Abfallprodukt, sondern bietet ein hohes Energiegewinnungspotential. Bereits durch den heutigen Betrieb der VERA werden jährlich knapp 90.000 Megawattstunden Strom und knapp 100.000 Megawattstunden Wärme aus der Verbrennung des Klärschlamms und des Faulgases produziert, die für die Versorgung des gesamten Klärwerks und des angrenzenden Containerterminals genutzt werden. Durch die Erweiterung der Klärschlammverbrennungsanlage steigt die Stromerzeugung auf 100.000 Megawattstunden und etwa 165.000 Megawattstunden Wärme pro Jahr.

Hamburg setzte früh auf umweltgerechte Klärschlammentsorgung
Seit 1997 wird in Hamburg der bei der Abwasserreinigung anfallende Klärschlamm und Rechengut in einer Monoverbrennungsanlage verbrannt und damit sicher entsorgt. Die drei bisherigen Linien laufen jeweils mit einer Stundenleistung von drei Tonnen Trockensubstanz im 24-Stunden-Dauerbetrieb. Die vierte Linie wird mit Feuerungswärmeleistung von 13,6 Megawatt und einem Durchsatz von 4,5 Tonnen Trockensubstanz pro Stundegeplant. Durch die Erweiterung ergeben sich Kapazitäten, die HAMBURG WASSER Dritten zur Klärschlamm-Mitverbrennung anbietet oder in Notentsorgungsverbünden einbringt. Zudem können notwendige Instandsetzungsarbeiten an den bisherigen Verbrennungslinien durchgeführt werden.

Lübeck, 12. Oktober 2022